Freitag, 25. Januar 2008

Verkehrswegestapelbasilika





Mitten in Berlin, direkt gegenüber vom Kanzleramt steht die deutsche Verkehrsbasilika, die auf den Namen Berlin HBF getauft ist. Unter der Wölbung des Königsdachs verlaufen die Gleise des alten Lehrter Bahnhofs, darunter vier Etagen, von der eine weitere der Querverbindung mit S- und Fernzügen vorbehalten ist. Die Morgensonne scheint durch die große Glasfassade. Im Innern Menschen auf Treppen und in Aufzügen zu ihren Verbindungen hastend oder Orientierung suchend in der Haupthalle. Bäckereien, Schnellessbulettenbratketten, Kaffeebars, ein Dogerie- und ein Supermarkt. Aber so recht will sich hier keine newyorkeske Grand- Central-Station-Geschäftigkeit einstellen. Hier steigt man nur um, so viele Menschen wollen Angela Merkel in ihrer Waschmaschine nicht besuchen. Noch immer entladen sich die Ströme im Bahnhof Friedrichstraße, von wo aus sich die etwas aufregendere Mitte Berlins besser erobern lässt.

Im Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs etwas verloren wirkende Züge nach Stendal und eine Atmosphäre wie in einem verlassenen Airportterminal außerhalb der Reisesaison. Drei Autovermietbüros mit einsamen Hostessen, die Fingernägel polieren.

Auf dem Vorplatz ein paar Droschken und ein Winterzirkus. Ich gehe zum Pariser Platz, immer noch eine Baustelle der dort entstehenden us-amerikanischen Botschaft, die sich ins Gesamtgefüge zwar einpasst, aber etwas lustlos die letzte Baulücke schließt. Ein Volksarmist posiert für vorüber gehende Flaneure, aus dem Adlon blicken wohlhabende Bestager auf die von freundlicher Wintersonne beschienene Szenerie. Unter den Linden Richtung Osten erreiche ich die Friedrichstraße. Dort im Internationalen Handelszentrum, ein in den 80er Jahren errichtetes Vorzeigehochhaus der DDR bin ich in 22. Stock zum Autorengespräch verabredet.

In den großzügigen Räumlichkeiten habe ich aus Panoramafenstern einen großartigen Blick auf die Museumsinsel und Alex einerseits und nach Westen auf Reichstag und Tiergarten andererseits. Das Besprechungszimmer geht nach Westen und traumhafte zwei Stunden schwebe ich über Berlin und unterhalte mich.

Erst außerhalb des Gebäudes erreicht mich der scharfe Ostwind und die Großstadtwuseligkeit.

Noch ein paar Schritte und ich beende meinen Gang in der lebendigen Berliner Verkehrskirche Bahnhof Friedrichstraße, drücke mich an Lafayetteeinkaufstüten und den globalen Citycommutern vorbei, husche durch die Schiebetür der S-Bahn und lasse den HBF passieren und rattere gen Tegel-Flughafen.