Samstag, 29. Juli 2017

Ein Camino von der Haustür, den Rhein entlang und eine Segnung imVorbeiwandern. Von Bonn nach Brohl (47,5 km)

Ich startete um 5:30 Uhr, in Ippendorf, es dämmerte noch, als ich auf noch bekannten Wegen durch den Kottenforst Richtung Rhein aufbrach. Ich folgte dem Weg des linksrheinischen Camino, der gleich in Ippendorf verläuft und später auch zum linksrheinischen Rheinsteig wird. 

Die erste Erkenntnis. Man kann Bonn verlassen ohne mit der Zivilisation in Berührung zu kommen. Nach 2 Stunden erreichte ich in Ließem das Drachenfelser Ländchen und schaute gen Osten auf die Schicksalslandschaft Siebengebirge. Aber wo war der Lichtschalter?

Über den Rodderberg ging es auf sich anschließenden Höhenzügen am Rolandsbogen vorbei zu meinem ersten großen Ziel: Die Apollinariskirche
Von den Höhen hörte ich bereits die Gesänge der Gläubigen der alljährlichen Wallfahrt. Kam ich zur Messe nicht mehr rechtzeitig, so doch zum Segen unter der Reliquie des Heiligen. Dessen Haupt wird in einer silbernen Kopfdarstellung aufbewahrt und den Gläubigen buchstäblich aufs Haupt gesetzt, während sie niederknien.
Das war sehr beeindruckend. 28 km hatte ich schon hinter mir, es war die Mittagsstunde und die die Kirche betreuende Orden hatte die Wallfahrer in dem Klostergarten hoch über dem Rhein zum Mittagessen eingeladen. Welch ein Geschenk, sich nun laben zu können. Feierlich überreicht mir ein Pater den Pilgerstempel und ich setzte meine Wanderung fort.
Nach Remagen ging es erst einmal über die Höhe ins Ahrtal nach Bad Bodendorf. Hübsches Fachwerk, aber ausgestorben wie im Italowestern »Spiel mir das Lied vom Tod«. Ich wanderte entlang der Ahr, die munter murmelte, erreichte im einzigen Straßenabschnitt bald den Marktplatz von Sinzig. Stehengebliebene Zeit, ein Eiscafe der ersten Generation, vier Kugeln in der traditionellen silbernen Eisschale, einen Espresso und eine wieder gefüllte Wasserflasche.
Es folgte der wohl schönste Teil, nachdem ich in Sinzig wieder auf die Höhe gestiegen war und oberhalb der Goldenen Meile über einen lang gezogenen Höhenrücken nach Oberbreisig gelangte. Mein unter Apollinaris errungener Heiligenschein strahlte zuvor auf der Mönchsheide noch einmal weithin sichtbar.
In der schönen fast 1000 Jahre alten Kirche St. Viktor bekam ich meinen zweiten Pilgerstempel für den Tag. Nach 45 km erreichte ich Burg Rheineck, eine der ältesten Burgen und blickte auf der anderen Rheinseite Rheinbrohl, unseren ungefähren bisherigen Endpunkt der rechtsrheinischen Rheinsteigwanderung.


Der Abstieg führte mich nach Brohl, wo ich nach 47,5 km meine bislang längste Wanderung abschloss. 12½ Stunden war ich unterwegs gewesen.

Im Bahnhof von Brohl wartete ich auf den stündlich verkehrenden Nahverkehrszug, der mich dann in 40 Minuten entlang meines Wanderweges wieder nach Bonn zurückbrachte. Lieber noch wäre ich in den »Vulkan Express« gestiegen, der in privater Initiative wie in alten Zeiten betrieben wird und das Brohltal durchfährt  und von einem Nebengleis seine Fahrt beginnt

Erkenntnis des Tages: Gott begegnet dir immer wieder und manchmal lädt er dich auch noch zum Mittagessen ein.