Sonntag, 23. September 2018

Sehnsuchtsmusik




In diesen unruhigen Zeiten einen Chorabend allein dem Thema Krieg und Frieden zuzuwenden, ist nicht originell, aber gleichwohl notwendig.

In der Klosterbasilika Knechtsteden hörten wir den Bonner Chor Vox Bona, der ganz unterschiedliche Werke aufführte.

Der klassischen Motette von Bach folgte eine moderne Version des Schweden Sandström, der mehrere Stimmen übereinander legte und das »Komm, Jesu komm« umso flehentlicher machte.

In den Pausen wurden Gedichte der jungen Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942) rezitiert, die mit ihrer Familie von den Nationalsozialisten in ein Arbeitslager in Russland verschleppt wurde und dort entkräftet starb.



Der Ort und die wunderbaren Stimmen dieses Chores unter der Leitung Kantorin der Bonner Kreuzkirche Karin Freist-Wissing mussten jeden berühren, der den Klängen im Kirchenschiff folgte. Sie hatte auch die Idee, begleitend zur Musik die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger vortragen zu lassen.


Leise schlägst in deinem Lied du einen Ton an -
und dir ist, als fehlte noch etwas.
Und du suchst verwirrt bei allen Tönen,
ob sie dir nicht sagen können,
wo's zu finden, wo und wie und wann...
Doch der eine ist zu blaß
und zu lüstern ist der zweite
und der dritte ist so voll mit Weite -
viel zu voll.
Du suchst lange - Moll und Dur und Moll
werden lebend unter deinen Händen.
Und dann schlägst du plötzlich eine Taste an,
und - es kommt kein Ton.
Und das Schweigen ist dir wie ein dumpfer Hohn,
denn du weißt es plötzlich ganz genau:
Dieser fehlt dir. Wenn ihn deine Hände fänden,
fiele ab von deinem Lied der Bann,
war' das Ende nicht mehr leer und grau.
Und du rührst und rührst die Taste -
fragst dich, wo hier wohl die Hemmung liegt,
suchst, ob nicht doch deiner Hände Weiche siegt,
deine Augen betteln voll Verlangen.
Kein Ton kommt. Einsamkeit bleibt nun zu Gaste
in dem Lied, das dir so schwer und süß gereift.
Um den ungespielten Ton wirst du nun ewig bangen,
bangen um das Glück, das dich nur leicht gestreift
in den leisen Nächten, wenn der Mond dich wiegt
und die Stille deine Tränen nicht begreift.

(9.1.1941)

Die Ursprünge der Basilika gehen auf das 11. Jahrhundert zurück mit einem eindrucksvollen Pantokrator als Deckenfresko. Welch unruhige Zeiten hat dieses Werk überstanden, Brände, Plünderungen, Säkularisierung, Wiederentdeckung.

Das Programm:

Johann Sebastian Bach
Komm, Jesu, komm

Sven David Sandström
Komm, Jesu, komm
Johannes Brahms
Warum ist das Licht gegeben

Arnold Schönberg
Friede auf Erden

Chorwerke von Samuel Barber, Benjamin Britten, Kim Andre Arnesen, Jan Sandström u.a.
VOX BONA – Kammerchor der Kreuzkirche BonnKarin Freist-Wissing - Leitung

https://www.knechtsteden.com/