Dienstag, 9. April 2019

Auf Legal-Tech-Tour in Moskau – Russische Erkundungen





Bereits zum dritten Mal bieten der Anwaltsdienstleister Soldan und Wolters Kluwer eine Reise in die Zukunft der juristischen Berufe an. Die Teilnehmer lernen die neuesten Entwicklungen im Bereich von Legal Tech kennen und erhalten einen Eindruck von den Möglichkeiten, die auf uns zukommen werden. Die erste Reise führte nach Stanford und ins Silicon Valley, die zweite Tour nach Zürich zu IBM Watson.

Dieses Jahr ist Moskau an der Reihe, denn in den dortigen Technologiezentren wird kräftig an der juristischen Zukunft geforscht – oftmals etwas unbeachtet von unserer westlich geprägten Wahrnehmung. Wie die letzten Male ist auch bei dieser mehrtägigen Reise wieder Rechtsanwalt M3rkus J. S3uerwald dabei, der bei RWS die Verlagsleitung innehat.

Auf dem Programm steht u.a. ein Besuch im „Skolkovo Innovation Center“, dem Silicon Valley Russlands. Zahlreiche interessanter Start-Ups sind hier zu finden, darunter auch Unternehmen der sich dynamisch entwickelnden russischen Legal Tech Szene. Spannend wird ebenfalls der Besuch der Konferenz „Moskau Legal Tech“, bei der Start-Ups, Verlage und Software-Unternehmen ihre Ideen zur Digitalisierung des Rechtsberatungsmarktes präsentieren werden.

Lesen Sie hier im Reisetagebuch seine Eindrücke von der Legal-Tech-Tour nach Moskau.

1. Tag: Wo liegt die Zukunft technischer Lösungen im Recht in Russland?

Dieser Frage will eine Gruppe von Anwälten, Verlegern, Programmierern und Wissenschaftlern auf der nun schon 3. Legal Tech Tout der Firma Soldan nachgehen.

Früher Aufbruch von Düsseldorf nach Moskau mit Aeroflot. Solides Frühstück im Flugzeug, stattliche Fluguniformen und alles erinnert ein wenig an die 1969er. Nachrichten von Schwierigkeiten von Boeing am Düsseldorfer Airport überhören wir, Die Russen fliegen heute mit Airbus nach Moskau.

Der Eintritt in das russische Reich gelingt ohne penible Befragung. Und dann sind wir mittendrin in der Moskauer Wirklichkeit. Berufsverkehr, Stop-and-go über 37 km und ein erster Blick auf diese Megametropole. Die üblichen Verdächtigen der Globalisierung, Bulettenketten, Möbelhausimperien, Computerfirmen leuchten mit ihren vertrauten Logos zwischen in die Jahre gekommener Industriearchitektur auf. Die Einfallstraßen säumt stalinistische Wohnbebauung, doch je näher wir dem Zentrum rücken, umso mehr entfaltet sich die Pracht dieser Stadt. Der Verkehr wird nicht besser, aber schließlich erreichen wir das Hotel Metropol, ein Jugendstiljuwel im Zentrum Moskaus. Es folgen das Einchecken und eine weitere Blechlawinentour durch den Verkehrsinfarkt ins Haus der deutschen Wirtschaft.

Alex Stolarsky, als Anwalt in den Welten zwischen Russland und Deutschland daheim, gibt uns einen schnellen Überblick über Legal Tech in Russland. Er wartet mit einigen genauen Zahlen zum Markt und Investitionen auf. Schnell wird klar, technische Lösungen im Recht gehören zu den Vorzeigeprojekten und machen Hoffnung, dass die Konferenz, zu der wir anreisen, uns vielleicht einige wichtige Erkenntnisse zeigen wird. Wir sitzen im Souterrain dieses Treffpunkts der deutschen Wirtschaft , der wie ein Kreativraum eingerichtet ist und haben Gelegenheit, in dieser schönen Atmosphäre uns gegenseitig bekannt zu machen.




Draußen in der Stadt die übliche Geschäftigkeit zwischen Prachtbauten des 19. Jahrhunderts, dem Fußballstadion des Clubs Dynamo und den Bürobauten der Peripherie. Ziel ist das Kaspersky LAB. Als hätte man die Philosophie des Silicon Valley hierher verpflanzt, präsentiert uns der Leiter des Berliner Büros selbstbewusst das Imperium dieser als Anti-Viren-Schmiede bekannten Unternehmens. Im modernen Großraumbüros sitzen vor allem junge Männer und programmieren oder bekämpfen im War Room die Viren, die an vielen Monitoren an der Decke grafisch angezeigt werden. Ob dies eine Schau-Veranstaltung in einem Muster-OP ist, die uns vorgaukelt im Herz der weltweiten Malwarebekämpfung zu stehen, kann ich nicht beurteilen. Die Codes, die auf dem Bildschirm auftauchen, sehen mir nicht gesund aus und wir nehmen den Unternehmen ab, hier erfolgreich den Kampf Roboter gegen Roboter zu bestehen. Am Ende wird uns sogar das Büro des Firmengründers Jewgenie gezeigt. So viel Transparenz haben wir bei Apple und Google nicht erlebt. Die Wohlfühl-Kantine kredenzt den Gästen Krimsekt und kleine Köstlichkeiten. Und nebenher können wir die Fingerfertigkeit der jungen Programmierer am Tisch-Eishockey erleben. Eindrucksvoll!





Wieder reihen wir uns in den Berufsverkehr ein, verlassen den Bus dann im Verkehrsgewühl, um den Abend im Café Puschkin zu beschließen. Auf drei Etagen dieser ehemaligen Apotheke werden wir nach allen Regeln der russischen Kunst bewirtet. Russische Speisen werden kredenzt, ein Salonorchester spielt zu Ehren einer Geburtstagsgesellschaft, unzähliges Personal sorgt für das Wohl der Gäste.

Wir vergessen für einen Augenblick, dass wir die Moderne der digitalen Schadensabwehr gesehen haben – dort wo früher 007 mit Galanterie und Geschick das Böse bekämpfte.





Der abendlichen Gang vom Café Puschkin zum Hotel führt uns über den Roten Platz. Auch hier Pracht und Tradition, flanierende Menschen, Straßenmusikanten, das illuminierte Riesenkaufhaus GUM und Menschen, die beglückt aus dem Kino strömen.




Auf die Vorstellung technischer Lösungen in den nächsten Tagen bin ich gespannt.

Der Vorhang öffnet sich.