Montag, 10. Mai 2021

»Eifelgold« macht schlapp, Rursee dreht auf, Motoradschießereien und das Trinkwasserfußpedal



Golden beleuchtete die Sonne am Morgen das Messdorfer Feld als ich am ersten vielversprechenden Maientag zur Erkundung der Nordeifel aufbrach. Sah aus wie in der Prärie, fehlten aber noch Cowboys und Indianer, aber die sollten später noch eine Rolle spielen. Erst einmal geht es friedlich durchs Vorgebirge, Spargelfelder, Obst und Gemüse, Kabelrollen mit Wasserschläuchen und der Rollrasenbauer, der die Fussballstadion der Republik mit frischem Grün versorgt. Vorbei am Heider Bergsee nach Liblar

In Lechenich steht noch immer etwas anachronistisch ein früheres Stadttor dem Kraftverkehr im Weg. 


Und dann pirsche ich mich im Flachen an die Eifel heran, die südlich, also links von mir freundlich hinüberschimmert. 




Bei Langerwehe betrete ich den Hürtgenwald. Dieser war im Zweiten Weltkrieg Teil der Verteidigungslinie des Westwalls und Schauplatz einer verheerenden Schlacht gegen Ende des Kriegs. 





Milde scheint die Sonne auf die Straßen, die über seine Höhen führen. Dann geht es die erste Rampe hinauf zum Peterberg, typischer Hocheifelweitblick.  




An der Biker Ranch lungern die Cowboys an ihren ps-starken Pferdchen, Vorfreude auf die Jagd über die Straßen. Ich lasse mich Richtung Steckenborn gleiten, von da hinab Richtung Rursee, der hier aus der Höhe wie ein Fjord aussieht. Ein Elektrodampfer kreuzt malerisch über den engen See, der in der Sonne glitzert wie pures Eifelgold. Auf scheckheftgepflegtem Asphalt und durch schwungvolle Kurven gleite ich nach Wolffesbach. Der Mai ist hier explodiert, Pensionen heißen hier »Zur alten Frische«, ich umrunde den Yachthafen und gelange ins noch malerische Rurberg


Und da komme ich schon gleich hinter einem doppelachsigen feuerroten Ausflugsbus von » Eifelgold « zu Stehen. Vorsichtig manövriert er durch die enge Straße und ächzt die enge Kurve aus dem Ort hinan als mit einem lauten Knacks der hintere Teile der Karrosserie funkensprühend auf der Straße aufsetzt. Ein letztes Zischen, dann sinkt der Bus wie ein erlegter Elefant zu Boden. 



Nach einem kurzen Moment öffnet sich die vordere Tür, der Busfahrer steigt aus, kratzt sich den Kopf, schüttelt ihn und beschaut sich einen kapitalen Achsenbruch. Die hinteren Türen öffnen sich. Eine Schwester in Arbeitshabit ist zu sehen, Hände in die Hüften gestemmt und nach und nach purzelt eine Gruppe junger Südamerikaner aus dem Innern. 




Man gibt ihnen zu verstehen, dass die Ausflugsfahrt zu Ende, der See aber nicht weit sei. Ich werde Zeuge, wie Eifelgold schlapp macht, just im Moment, als sich der Rursee und die Eifel von ihrer goldigsten Seite zeigen. 

Wenig später an der Brücke nach Einruhr sehe ich wieder die Cowboys mit ihren Pferdchen am Brückenkiosk. Im Wilden Westen hätte hier ein Saloon gestanden und der Sheriff hätte seinen Stern blitzen lassen und dann wäre Ruhe gewesen.  Mit dem Rad schleiche ich mich über die Brücke, um die lange Auffahrt nach Herhahn anzugehen. Der Radstreifen, durch Markierung von der Straße getrennt, ist breit genug, aber wie Schüsse in meinen Rücken beginnt eine wilde Motoradschießerei und eine Kawa, Honda, BMW, Harley feuern aus allen Rohren an mir vorbei, so als würde jemand einen Endlospatronengurt durchjagen. Vergeblich hoffe ich auf eine Ladehemmung. Wo ist der Sheriff, wo die Indianer, die alle in einem Pfeilhagel erledigen?  



Ich flüchte in einen Waldweg, lege mich ins Gras und schließe die Augen. Gemütlich ist es hier nicht. Die Schießerei geht weiter, ja fällt der Vogel denn immer noch nicht durchsiebt matt von der Stange? Nach zehn Gummibärchen und einer halben Trinkflasche geht es weiter nach Gemünd. An der Araltankstelle erst mal eine frische Cola, hier kenn ich mich gut aus, weiter nach Kall, die Eisdiele am Bahnhof hat aufgegeben, aber in Zingsheim ist eine Dorftankstelle, noch ein Spezi, auf Nebenwegen geht es, angetrieben von einem günstigen Wind,  hinauf zum Michelsberg. Ich schnuppere Heimat, hier wurden die Cowboys schon lange in die ewigen Jagdgründe geschickt. 


Sonntagsfahrer in ihren Gefährten gondeln durch die Dörfer, solide Eifelconditoreien zeigen sich von der besten Seite.  



In rasender Fahrt Richtung Effelsberg, das Siebengebirge am Horizont, nun ist es nicht mehr weit. in Freisheim auf dem Friedhof fülle ich meine Wasservorräte mit dem praktischen Aquafußpedal. So ein kühler Schluck vergoldet jeden heißen Tag. 


Hier ist alles friedlich. Mein Rad schnurrt wie ein zufriedenes Kätzchen nachhause. Es ist alles gut, scheint es zu sagen. Zuhause Stille pur und ein Abend wie Gold, als die Sonne sinkt.