Es gehört zu den Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, dass stillgelegte Bahntrassen nicht brach liegen, sondern für den Fahrradverkehr genutzt werden. Es wäre auch schade, wenn die Ingenieurs- und Arbeitsleistungen vieler Menschen schon aus dem vorletzten Jahrhunderts nicht mehr genutzt würden. Gerade Eisenbahntrassen folgen der Topographie, um mit relativ geringen Höhenunterschieden größere Distanzen zu überbrücken. Wo die Landschaft dies nicht hergibt, sorgen Brücken, Tunnel und Dämme für einen ausgeglichenen Weg.
Dabei gab es unterschiedliche Motive für den Eisenbahnbau im Sauerland: wirtschaftliche, militärische und touristische.
Viele Erzeugnisse aus dem Sauerland konnten so kostengünstig transportiert werden, die Überlegung, Truppen und militärisches Gerät von Ost nach West und von West nach Ost transportieren zu können auf einer Linie zwischen Köln und Kassel spielte ebenso eine Rolle, wie die Erschließung des Region für den Personenverkehr.
Manche Bahnen haben wir als Kinder vom Auto noch gesehen, der Zurückbau vieler Relationen begann aber bereits Ende der 1960er Jahre.
Aus heutiger Sicht mag man das bedauern, aber die Wirtschaftlichkeit hat natürlich bei der Entscheidung immer eine Rolle gespielt und so verdrängte der individuelle motorisierte Güter- und Personenverkehr die Bahn nach und nach. Heute wünschen sich viele Kommunalpolitiker diese Verbindungen wieder zurück.
Nicht alle frei gewordenen Flächen wurden in den Ortschaften neu bebaut und so begann mit der Jahrtausendwende Überlegungen, ein bundesweites Radverkehrsnetz aufzubauen, das auch auf ehemalige Bahntrassen zurückgreift. Schwierige Verhandlung mit Eigentümern waren erforderlich, um Flächen zurück zu gewinnen oder zu tauschen um eine nahezu lückenlose und sichere Verbindung zu schaffen.
Von Düsseldorf nehme ich den öffentlichen Personennahverkehr und fahre nach Finnentrop. Die Strecke ab Hagen folgt im Lauf der Lenne und ist ein grandioser Auftakt zu meiner heutigen Tour. In Altena wird es wild romantisch und malerisch.
In Finnentrop steige ich aus. An diesem schönen Bahnhof weisen Informationstafeln und eine schöne Karte auf den SauerlandRadring. Ich starte bei Kilometer 0,0. Die Strecke bestens asphaltiert muss noch auf einen Tunnel durch den Ort verzichten, weil dieser noch bis 2027 an den örtlichen Schießverein verpachtet ist. Dann folgt die Strecke der alten Trasse über die Höhenzüge. Alte Signale und Beschilderungen am Rande sind verblieben oder werden gruppenweise aufgestellt.
In regelmäßigen Abständen gibt es schöne Rastplätze, einer gleich zu Beginn in Finnentrop ist aus zwei alten Güterwaggons gebaut. Soweit die Trasse endet oder nicht mehr vorhanden ist, wird sie in der Regel durch entsprechende Radwege am Rande der Straße fortgeführt. Die Steigungen und Gefälle sind in der Tat moderat und das macht den eigentlichen Reiz dieser Fahrten aus. Sie zu befahren, strengt nicht an und ermöglichen die volle Aufmerksamkeit auf die Landschaft, soweit man diese beim Durchfahren der Wälder sehen kann.
Ein Höhepunkt ist der Kückelheimer Tunnel, knapp 700 m lang, auch als Fledermaustunnel bekannt, weil er von November bis April für den Winterschlaf der Tiere reserviert ist und dann geschlossen wird.
Ich erreiche Eslohe und könnte nun noch eine Nordschleife mitnehmen und würde dann endgültig in meine alte Wahlheimat, im Hochsauerland, eintauchen.
Aber ich halte mich nach Süd-Osten und fahre nach Schmallenberg. Diese Strecke bin ich in meiner Jugend oft auf Radexkursionen mit Johannes, auch schon mit dem heute eingesetzten Peugeot-Rennrad gefahren, aber immer auf der Straße. Wie angenehm nun fern vom pulsierenden Verkehr über die Höhen auf Schienenniveau Schmallenberg zu erreichen. Ich komme am alten Bahnhof vorbei, erreiche den Marktplatz, buntes Treiben in Erwartung eines Radrennens und des jährlichen Schützenfests. Bis Lennestadt folge ich nun der Trassierung und genieße das Plätschern der Lenne, der ich folge oder diese überquere.
Ich fahre nicht ganz an meinen Ausgangspunkt zurück, sondern schwenke nach Süd-Westen um über Olpe auf direktem Weg nach Bonn zurück zu fahren. Das Sauerland erlebe ich auf vielen Höhenzügen komplett entwaldet. Mehr Polterhaufen als Bäume.
Das Wiedersehen mit Olpe ist schön, zuletzt bin ich dort wohl Mitte der 1970er Jahre dort gewesen. Um den Marktplatz viele nette Cafés, schöne Stimmung und nach einem Joghurt-Spaghetti Eis bin ich gestärkt für die letzten 80 km. Nach Olpe ist dies zunächst einmal eine fleißige Kletterei.
Aber nach einem kurzen Tankstopp geht es ab der Wildbergerhütte in einer rasanten Schussfahrt das Bröltal hinab bis nach Hennef. Von dort im Zickzack über Nebenwege dann nach Bonn zurück.
Es ist eine Überlegung wert, nicht nur still gelegte Bahnrelation wieder zu beleben, sondern auch aufgegebene Verbindungen für andere Formen der Fortbewegung zu öffnen.
Auf dieser Webseite gibt es einen schönen Überblick über Eisenbahntrassen in Deutschland.
Für mich war das Wiedersehen mit dem Sauerland eine Offenbarung. Auch zeigt sich, dass ich in den Orten viel getan hat, das zeigen schöne Wandertafeln, wunderbare Spielplätze und schön hergerichtete Dörfer. Es wird etwas bewegt seit meiner Ferienkindheit dort. Und das macht Hoffnung.