Gestern war mein absoluter Eisenbahntag. Der ICE fiel aus und von Hannover bis Hamburg bin ich mit dem Nahverkehrszug durch jeden Ort mit Eisenbahnanschluss in der Lüneburger Heide gefahren. Bienenbüttel war ein wirklicher Höhepunkt. 2 Minuten von meinem geplanten Termin in Hamburg war ich da.
Zurück ging es wieder mit der Eisenbahn, diesmal mit zwei Truckern am Bistrotisch des Speisewagens, weil der Waggon mit meinem reservierten Platz leider nicht an den Zug gekoppelt wurde. Die Trucker waren erst ganz friedlich, tranken nur Bier, füllten das leere Glas aber schnell mit Korn und Wodka. Ein Upgrade für die erste Klasse war sinnlos, die Klimaanlage war kaputt, da war’s im Bistro mit den besoffenen Schwerverkehrlenkern sogar erträglicher.
Ich kam rechtzeitig in Bonn an, um einer langersehnten Lesung mit Jaroslav Rudiš zu hören, die ich mit einem Freund besuchte. Ein echtes Ereignis. Der Autor ist Eisenbahnfan und -fahrer und kannte in den 1990er Jahren den Zugfahrplan für das Gebiet des früheren Böhmen auswendig. Im Winter hatte ich seinen Roman gelesen »Winterbergs letzte Reise«. Ein Altenpfleger fährt mit einem doppelt so alten Senior, ausgestattet mit dem Baedeker Österreich-Ungarns von 1913 mit der Bahn von Berlin nach Sarajevo.
Am Abend las er aus seinem Buch und ich hatte sofort wieder Lust, den Roman gleich wieder zu lesen. Auch den alten Reiseführer hatte Rudiš mitgebracht. Wir schlugen uns noch im Publikum die Hände auf die Schenkel und lauschten denn ansonsten launigen Erklärungen. Welch ein grandioses Ende meines Tages auf der Bahn und der Erkenntnis, die besten Geschichten schreibt die Bahn und ein genialer Autor selbst.