Sonntag, 21. Oktober 2018

Ein idyllischer Sonntag. Und erste Abschiede. Camino 23. Etappe. Ländliches Idyll. Triacastela-Barbadelo



Nachdem die letzte Schwingtür in unserer galicischen Herberge ausgeschwungen hatte, waren wir schon gleich in der gegenüberliegenden Bar angekommen. Außer Pilgern versammelten sich an der Bar Männer allen Alters, die im kernigen Galicisch Kaffee mit Schnaps serviert bekamen.

Die Pilgerschar der albergue schwang sich mit Kaffee, Tee und Gebäck auf den Tag ein.

Vor der Bar verabschiedeten wir uns von Anni. Abschiede passieren öfters auf dem Camino und dann trifft man sich doch wieder. Aber für jeden geht die Zeit auf dem Weg zu Ende, es war ihr letzter Tag. Und tatsächlich, wir holten sie diesmal nicht mehr ein oder sie entschied sich an einer späteren Weggabelung eben anders.

Ein herrlicher Morgen im Tal. Wieder leuchtete das Sternenfeld von Oben, der Ort und seine enge Gassen wirkte idyllisch, bald eine Wegscheide, an der wir uns für den kunstgeschichtlich wertvollen Weg über das Kloster Samos oder den idyllischen direkten Weg nach Sarria entscheiden mussten. Wir wählten Idyll und lagen goldrichtig.




Der Weg ging bald stetig bergan und wir durchschritten schöne Steindörfer mit munter pickenden Hühner am und auf dem Weg, aber auch liegengelassenen Bauerngärten. Das Morgenrot erhellte die märchenhafte Szenerie, Bald hatten wir die Höhe erreicht und schauten auf schönstes, welliges, grünes Land mit Weiden, gesäumt von Bäumen, aber spärlich besiedelt.

Wie eine Verheißung tauchte das Ortsschild von Montán auf. Doch wohin man schaute, unbewohnt wirkende Häuser, jedenfalls auch keine Bar. Wir hatten den langgezogenen Weiler schon fast verlassen, als ein aufwändig handgemaltes Schild zur Pause einlud. In einem verlassen Schuppen und Innenhof eines baufälligen Hauses hatte eine Hippie-Gemeinschaft ein prächtiges und buntes, einladendes Idyll geschaffen.

Am Eingang Gebäck und Getränke, zum größten Teil aus Pilgerspenden, unterschiedlichste, selbstgebastelte, loungeartige Sitzmöglichkeiten, Meditationsecken, Windspiele etc.

Keine Frage, Einkehr sofort, sofort in Gespräche verwickelt und behaglich bei einem Tee aufgewärmt. Mancher der Anwesenden mag seinen Weg hier vorzeitig beendet oder länger unterbrochen haben. Wir warfen einen großzügigen Betrag in die Holzkiste, ich kostete von einem selbstgebackenen Keks zum Abschied und glaubte, zum ersten Mal eine bunte Pille zu mir genommen zu haben, so beschwingt war ich.

In Furela trafen wir in einer netten Bar Hugo und Wai wieder und verabredeten uns für Abends in einer schönen Herberge hinter Sarria.

In Aguiada kamen wir in einer wunderbaren Dorfbar in ein Gespräch mit zwei spanischen Ehepaaren, die sich den Wochenendcamino gönnten und in drei Tagen von O Cebreiro nach Sarria pilgerten.

Irgendwann plätscherte der Weg aus, wir erreichten Sarria, einer schönen Camiostadt, sobald man den älteren Teil erreichte. Herbergen und Bars reihte sich an die nächste. Auch Dave sahen wir, er wartete auf eine Freundin, die mit dem Zug anreisen wollte. Diese unverhofften Wiedersehen werden von Mal zu Mal herzlicher, als habe man viele Gefahren miteinander überstanden, aber  eigentlich verbinden sich die Pilger mit den Erinnerungen an gemeinsame Abschnitte, Momente und schöne Gespräche.

Wir erreichten Barbadelo, den letzte Anstieg hinaufgetrieben von einer spanischen Schulklasse beim einwöchigen Caminoprojekt. Die Schüler tanzten bei Stayin' alive die Höhenmeter hoch.

Auf der Terrasse der hochgelobten, feinen Herberge saß bereits die lustige Julie mit neuen Pilgerfreunden. Auch eine Suite für zwei war gleich angrenzend zum Gruppenschlafraum frei und...wir atmeten tief ein und auf. Luxus pur nach der Unterkunft im Saloon von Tricastela.

Die Sonne schien dann noch lange auf der Terrasse, der Speiseraum befand sich in einer Bibliothek voller Camio-Literatur und wir verlebten einen heiteren Abend mit Hugo, Wai und Lindal. Am Nebentisch saß René, unser Mathelehrer aus Nantes, der uns seit Ponferrada begleitete. Caminoheimeligkeit vom Feinsten, gekrönt vom eigenen Bett.

Fazit des Tages. Die Pforte zum Paradies ist manchmal auch ein eigenes Bad.