Schon als Kindergartenkind mochte ich das Ausmalen innerhalb vorgegebener Linien überhaupt nicht. In Erinnerung ist mir, dass ich unter strenger Aufsicht der Kindergärtnerin vier Felder auf einem Frühstücksbrett ausmalen sollte, deren Begrenzungen mit Bleistift vorgegeben waren. Ich tauchte den Pinsel in die grüne Farbe und schwang ihn großzügig über die Fläche. Zu Grün kann noch Gelb und weil alles ineinander lief hatte ich dann auch noch – wie von Zauberhand – Blau. Das Ergebnis fand ich wunderbar.
Ich staunte nicht schlecht, als meine Eltern das im Kindergarten gefertigte Objekt an Weihnachten auspackten und ein säuberlich ausgemaltes Brett mit den zwei vorgegebenen Farben Grün und Gelb penibel in die vorgezeichneten Felder eingesperrt, in Händen hielten.
Mindestens da – und da war ich 5 – ist mein Entschluss gereift, mich über solcherart diktierte und autoritär verbesserte Kunst hinwegzusetzen. Auch auf dem Gymnasium wurde es nicht besser. Regelmäßig hatte ich in Kunsterziehung eine »4«, obgleich ich an Linolschnitt, Aquarellieren und Collagen durchaus Freude hatte. Die Verdikte auf der Rückseite meiner Werke waren niederschmetternd, kein Wort, kein Hinweis, nur die Note 4 oder 3.
Zum Glück war mir das alles, vor allem später, vollkommen egal. Noch heute hilft es mir zumindest auf dem Papier, mir mein Leben so zu gestalten, wie ich es gut finde. Und: Diese Grünfläche wurde nur einmal gewässert!
Das Bild zeigt unseren und den Garten des jüngst verstorbenen Nachbarn, wie ich ihn zuletzt im Mai habe arbeiten sehen. Unser schönes Dichterhaus im Garten ist ebenfalls zu entdecken.
Jedenfalls ging es mir nach diesem lockeren Farbauftrag deutlich besser als vorher. Aber GRÜN beruhigt ja auch.
