Neuanfang an der Spitze, nun fehlt noch der Rest und stattdessen Fachleute an die Front, die das Erbe ernst nehmen. Aber, warum müssen wir bis zur Wahl warten? Lateinlehrer sind gesucht in NRW. Schramma zu den Bildungsbaustellen unserer Schule, da kann er weniger Schaden anrichten und von römischer Geschichte erzählen, die er nicht bewahren konnte.
Leitartikel vom Verleger DuMont
Leitartikel zu Schramma
Chance, die nicht verspielt werden darf
Von Alfred Neven DuMont, 29.03.09, 15:47h, aktualisiert 30.03.09, 21:30h
Fritz Schramma hat die Konsequenzen gezogen und macht den Weg in der Zukunft frei. Wehe, wer auch immer und von welcher Seite diese Möglichkeit verspielt! Wir, die Bürger der Stadt, haben einen Anspruch auf einen Neubeginn. Die Warnung vom 3. März war ein Signal, das niemand vergisst.
Für Köln ein geschichtsträchtiges Ereignis: Der Oberbürgermeister der Stadt Köln legt seiner Tätigkeit freiwillig eine zeitliche Grenze auf. Rücktritt: nein. Ein Rücktritt in Abschnitten. Er lässt uns wissen, dass er als Oberbürgermeister-Kandidat für die nächste Wahlperiode nicht mehr zur Verfügung steht.Der immer noch spektakulärste Rücktritt eines Politikers in der Bundesrepublik war der Willy Brandts, als er wegen der Guillaume-Affäre, bei der er unwissentlich auf eine schamlose Weise von der DDR ausspioniert wurde, sich veranlasst sah, zurückzutreten, um die politische Verantwortung für den Skandal zu übernehmen. Hier liegt der Unterschied zu den Kölner Vorgängen. Die Guillaume-Affäre war innerhalb von kurzer Zeit, ja fast in Stunden überschaubar und klar, nicht nur für die Politiker, sondern auch für die überraschte und bewegte deutsche Öffentlichkeit. Im Gegensatz dazu bewegen wir uns in Köln immer noch in qualvollen Aufräumaktionen, nicht nur vor Ort in der Severinstraße, sondern auch in der Frage nach der Verantwortung und damit auch nach der Schuld für die Katastrophe vom 3. März.
Ein Oberbürgermeister ist sein eigener Herr. Aber er ist auch so gut und so schlecht wie seine Mitarbeiter. Offenbar hat es Fritz Schramma, das muss bemerkt werden, in seiner neunjährigen Tätigkeit nicht vermocht, mit der unglücksamen Verzahnung und unterschiedlichen Interessenlage in der Verwaltung der Stadt Köln aufzuräumen. Das ist wohl, dies muss zu seiner Rechtfertigung gesagt werden, ein fast unmögliches Ding.
Köln hat im Vergleich zu früher über die Maßen immer stärker die verschiedenen Dezernenten und sonstigen Amtsinhaber nach dem Parteibuch ausgesucht, so dass bei manchen die Loyalität der Partei gegenüber wichtiger erschien, als die Loyalität gegenüber dem Oberbürgermeister. Genauso ist man verfahren bei der Besetzung der KVB, wo der christdemokratische Parteifreund Walter Reinarz „versorgt“ wurde.
Die Bevölkerung hat ein Recht auf die Wahrheit
Wer Fritz Schramma kennt, und das sind nicht wenige in dieser Stadt, weiß, dass sein Antrieb für die Position des Oberbürgermeisters in erster Linie von der Liebe zu Köln bestimmt war und ist. So will er mithelfen, bis zum Letzten „aufzuräumen“, also die Schatten der Vergangenheit bis zum bitteren Ende zu lichten, inhaltlich, personell. Durch seine Rücktrittserklärung als nächster Oberbürgermeister-Kandidat sollte nun die Schlammschlacht der vorgezogenen Wahlkampfzeit, wenigstens was seine Person anbelangt, zwischen den Parteien ein Ende haben. So kann sich jetzt jeder befreit von den personellen Hypotheken, unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit, der Zukunft für die Aufklärung zuwenden.
Das Bestreben muss sein, endlich die Wahrheit vor der verblüfften und erbosten Öffentlichkeit, nicht nur in Köln, im Rheinland, sondern in der ganzen Bundesrepublik, zu präsentieren. Sie alle haben ein volles Anrecht, die Wahrheit zu erfahren. Nicht nur, was diesen unglückseligen Einsturz des Archivs, sondern vor allem, was den tragischen Tod von zwei Bürgern unserer Stadt betrifft, und vor allem, wer die Verantwortung dafür trägt.
Wenn wir über diese brennenden Fragen in den nächsten Tagen und Wochen Gewissheit haben, erwarten die Kölner Bürger mit Nachdruck, ja sie fordern, dass das System der politischen Parteien, altgediente Parteifreunde mit Geld und Pöstchen zu versorgen, ein für allemal ein Ende findet. Wir fordern Frauen und Männer, die als Voraussetzung für alle wichtigen verantwortlichen Positionen in dieser Stadt, in der Verwaltung und in den Tochtergesellschaften, wie der KVB, unumschränkte Fähigkeitsnachweise mitbringen. Man muss sicher sein, dass in der Zukunft kein Deal mehr zugunsten des alten, kaputten Systems der Versorgung abgeschlossen wird.
Wo war Jürgen Rüttgers?
Aber hinter diesem Fragenbündel tut sich ein weiterer Komplex auf, nämlich die Frage nach der Kölner und der nordrhein-westfälischen CDU. Was ist das für ein Verein, in dem schon so genannte Parteifreunde bei einer möglichen Kandidatur für den Oberbürgermeister ihren Hut in den Ring werfen, rücksichtslos, ohne sich um den politischen Anstand zu kümmern. Aber genauso auch die NRW-CDU, die auf Distanz zum derzeitigen Oberbürgermeister geht, allerdings anonym. Wo war vor allem der Landesvorsitzende Rüttgers, der sich sonst immer aufrecht und gradlinig sich zeigt, in der Kölner Krisenzeit? Hat er seinem Parteifreund Beistand geleistet? Steht er hinter der fragwürdigen Haltung der NRW-CDU und wenn, dann in welchem Umfang, und was sagt er dazu? Will er anonym im Hintergrund bleiben, um sich die Hände nicht zu beschmutzen, so oder so? Lieber den Ausgang abwarten?
Köln wird, so wie es sich abzeichnet, keinen Oberbürgermeisterkandidaten aus den eigenen Reihen vorzeigen können, der einen überzeugenden, kraftvollen Neubeginn als Oberbürgermeisterkandidat dieser Stadt verheißt. So wird das Rätselraten losgehen, wer - vom Kölner Umland angefangen bis in weitere Regionen - als solcher Blitzkandidat die Verheißung für die Parteien und die Kölner Bevölkerung mitbringt.
Wir, die Bürger der Stadt, haben einen Anspruch auf einen Neubeginn. Fritz Schramma hat die Konsequenzen gezogen und macht den Weg in der Zukunft frei. Wehe, wer auch immer und von welcher Seite diese Möglichkeit verspielt! Die Kölner Bürger sind ein Garant. Sie sind heute schon mehr als wachsam und werden es bleiben. Die Warnung vom 3. März war ein Signal, das niemand vergisst.