Donnerstag, 7. August 2025

Im Lalalappland. Von Örnköldsvik nach Lycksele





In Örnsköldsvik  habe ich im ersten Hotel am Platz übernachtet. Da war mein Frühstücksbuffet wieder reichlich, da konnte ich dann für unterwegs wieder ein paar schöne Royal TB vorbereiten. Aber auch ansonsten: Joghurt in Hülle und Fülle, geschnittenes Obst – was das Herz begehrt. 



Am Eingang des Frühstückssalons lag eine vierseitige Baugeschichte. Ein einziges Auf und Ab von Grand Hotels, geführt von einer ambitionierten Familie, die sich durch keinerlei Rückschläge und Moden aus dem Konzept hat bringen lassen. Direkt vor der Nase ist ein protziges Luxushotel aufgestellt, wo vermutlich alle hingehen. Der Rezeptionist begrüßte mich am Vorabend freundlich, und so abgekämpft ich mein Fahrrad hineinschiebe, möchte er mich noch zu Musik und Tanz am Abend und dem Barbecue-Buffet überreden. Na ja, hat er nicht geschafft. Es ist eben jeder Tag Haushaltstag. 


Aber frisch gestärkt verlasse ich heute Morgen die Stadt.


Das ist auf dem kleinen Radstreifen entlang der E4 nicht schön, und ich füge mich wieder in die offizielle Route ein. Wie immer dauert es ein wenig, aber dann biege ich nur noch dreimal ab. Es ist interessant, wie das Hinterland hier aussieht – fast schon ein wenig alpin. Ich kann vermutlich gar nicht erahnen, wie viel Schnee hier liegt. Noch einmal gibt es Anblicke, wie ich sie seit fast einer Woche habe: rotes Schwedenhaus, Weiden, Wasser dahinter. Aber dann tröpfelt diese gesamte Zivilisation aus. Und auf den langen Straßen geht es von Ort zu Ort – wobei die Orte selbst auch höchstens dann als groß zu bezeichnen sind, wenn sie wenigstens einen Lebensmittelhandel haben. 



Am Ortsausgang dann weiterführende Verkehrsschilder mit zweistelligen Kilometerangaben bis zum nächsten Ort. Aber nichts unter 30. Und so fährt es sich auch. Einmal auf der Straße geht es hoch und runter, Kiefern und Birken an der Seite. Und müsste nicht jetzt doch langsam mal der erste Elch kommen? Vor Elchwechsel wird jedenfalls schon gewarnt.

In Björna: Frühstückspause, Telefonat mit zu Hause, das übliche – Trinkjoghurt, noch ein bisschen Prickelndes zum Trinken in meine Lenkerbar. Und dann weiter. Und dann höre ich zum ersten Mal ein Rasseln hinten. Bislang bin ich ja so schön defektfrei durch alles durchgekommen. Schnell ist mir klar, dass das untere Jockeywheel ausgeleiert ist. Zwar kann ich die Achse noch einmal festziehen – sie ist also noch intakt –, aber das Lager ist hin. Ich recherchiere noch auf dem Fahrrad, wo es in dieser Einsamkeit überhaupt einen Radladen an der Strecke gibt. Einen gibt es – den werde ich morgen einmal kontaktieren und einen Termin machen. Ansonsten beschäftige ich mich mit MacGyver-Lösungen.



Dies geschieht kurz bevor ich an das Schild komme, das auf Lappland hinweist. Ich staune: von Berlin bis Lappland. Das hätte ich mir als Kind kaum vorstellen können. Und ich finde, es verändert sich etwas. Die Fichten sind nicht mehr so hoch, die Birken auch nicht. Und ich finde, es ist schon deutlich kühler. Und dann dieses Licht: Dämmerung, 2.30 Uhr. Das sind Zeiten. Der Bäcker macht auch um 5 Uhr auf. Man lebt hier einfach anders. Abends sind dafür die Orte, in denen ich übernachte, um 19.30 Uhr so tot, wie sie früher bei uns in Deutschland noch in den Achtzigern waren.



Ich genieße die Strecke, auch weil mich ein schöner Seitenrückenwind ständig anschiebt. Da kommt mir die nächste Unterbrechung in 80 Kilometern gar nicht so lang vor. Auch hier: größte Herzlichkeit. Ein kleiner Kaufmannsladen – hat alles. Und jeder Radler auf dieser Tour hat hier vorbeigeschaut. Die Kauffrau ist noch immer ganz aufgekratzt und begrüßt jeden mit Namen. Der Tracker liegt offen auf der Theke. Mit in der gemütlichen Sitzecke sitzen drei Italiener, denen man die ganze Tour schon ansieht – aber immer noch vorfreudig auf das Ziel.



Dann kommt ein unfreiwilliger Schotterparcours. Der hat, wie ich auf Insta sehe, die härtesten Räder geprüft. 



Ich komme schadlos durch, bin aber ordentlich durchgerüttelt. Für mein Jockeywheel war das sicher auch keine Verbesserung. Und dann kommt die dritte Abbiegung, die mich so Richtung Osten führt, dass der inzwischen sich nach Westen verlagerte Wind auch mich mit meinem trägen Gefährt so richtig anschiebt. 



Ich fliege in mein Hotel in Lucksele, das remote von irgendwoher betrieben wird und mir über lustige Chat-Dialoge alle Informationen zum Zimmerzugang etc. übermittelt. Das Zimmer selbst: Spitzenklasse. Ich bin hier überhaupt noch gar nicht enttäuscht worden.


Erkenntnis des Tages: Lappland ist anders – und ich bin richtig neugierig darauf.