Sonntag, 3. August 2025

Herrlich hygge heute – Von Motala nach Kloten



Herrlich hygge heute. Ich schaue aus dem Fenster des Hotels und sehe trübe, dampfige Luft. Frühstück um 7.00. Die Radfahrergruppe besetzt den Frühstücksraum. Ich schmiere mir zwei herzhafte Brötchen für unterwegs, die sich später als Traumdelikatesse erweisen. Dann geht es wellig aus der Stadt raus. Die Sonne versucht sich noch durchzukämpfen. Ich gewinne an Höhe, und dann geht es auf und ab, aber durchaus angenehm, in eine typische Mittelgebirgslandschaft. Links und rechts rote Holzhäuser, wie man sie hier eben erwartet. Keine Menschen. Es ist Sonntag. Ich fahre parallel zu einer gut ausgebauten Eisenbahnlinie. So hält sich die Steigung in Grenzen.




Unterwegs überhole ich zwei Randonneure auf antiquierten Stahlrädern mit seitlichen Taschen. Sie sind tapfer seit Rovereto unterwegs und schon so weit – man glaubt es kaum. Dann immer wieder von schnellen Gruppen im Affenzahn überholt, aber eben jene Gruppen überholen mich im Laufe des Tages noch drei- bis viermal. Weiß der Himmel, welche üppigen Pausen sie zwischendurch einlegen.




Unterwegs kein Anzeichen von Leben, da poppt im Vorgarten eines schönen Schwedenhäuschens ein Baldachinzelt auf. Ein junger Schrauber steht vor seinem reichen Gabentisch mit Ersatzteilen aller Art, Top-Werkzeug, und bietet seine Hilfe an. Aber nicht nur das – auch Kaffee hat er gebrüht und einen Wasserkanister aufgestellt. Unglaublich. Ein Magnet für alle Vorbeifahrenden.




Keine 500 Meter weiter, in einem verschlafenen Dorf, ein geöffneter Konsum. Auch hier die Herrlichkeit des Lebens. Das Kühlregal satt gefüllt – es ist alles da. Verpflegung, was die Taschen halten. Mühsame Fahrt ins prächtige Örebro. Mühsam auch wieder heraus, aber dann wieder schönstes Mittelgebirge. Viel Eisen im Boden. Man könnte es in Deutschland eher mit der Eifel vergleichen.




Für das Bildungsbürgertum gibt es hier reichlich Möglichkeiten, Ferienhäuser am See zu platzieren – in durchaus geschmacklicher Form. Vermutlich könnte hier nur ein Wort die Stimmung treffender bezeichnen: Hyyge!




Und dann empfängt mich schon am Ortseingang ein North Cape 4000 Friendly Village – und eine Verpflegungsstation mit selbst gebackenen Cookies, Bananen, Kaffee, Wasser. Und alle Generationen, die jeden einzelnen Fahrer, der vorbeirauscht, begrüßen. Was für eine Herzlichkeit.




Danach geht es auch landschaftlich so gemütlich weiter. Es sollte niemals enden. Noch 30 Kilometer bis zur Unterkunft, aber das Profil und der Tacho zeigen noch zwei harte Anstiege. Der letzte – 11 Kilometer lang – eine einzige Rampe, hat es in sich.




Ich erreiche die einzige Unterkunft, die es in dieser Gegend, einem Naturreservat, gibt: die Wilderness Lodge. Von außen aussehend wie ein Westernsaloon, entpuppt sie sich als 1960er-Jahre-Juwel. Ich beziehe eine Wohnung mit Küche – alles so alt und doch mit allen Möglichkeiten ausgestattet. Herrlich. Ich schaue durchs Fenster und höre das vertraute Klackern der modernen Freiläufe und anderer Fahrer, die vorbeirauschen oder sich vom Hinweis an der Straße noch zu einem kühlen Getränk anlocken lassen.




Ich bin erschöpft, aber glücklich. Herrlich hygge heute.