Montag, 4. August 2025

Holz und Hütten und eine episch lange Überlandstraße



Start in den fünften Tag.




Sehr bequem: Frühstück im Bett. Der Wirt hatte mir, um mir einen frühen Aufbruch zu ermöglichen, alles in der Wohnküche vorbereitet. Ich brauche es nur aus dem Kühlschrank zu nehmen. Ich studiere Wetter und Bedingungen und breche kurz nach sieben auf. Ein langer Tag liegt vor mir – das weiß ich.




Die Luft ist noch gesättigt, der Tag beginnt in feuchter Morgendrübe. Doch bald gewinnt die Sonne ihren Kampf. Nachdem ich die pittoreske Fahrradroute verlasse, fahre ich durch einen kleinen Weiler. Dort stärke ich mich in einem einladenden Supermarkt mit einem zweiten Frühstück und nehme Verpflegung für unterwegs mit.




Es folgt eine lange Abfahrt durch ehemaliges Kupferhüttengebiet. Am Wegesrand: einzelne, heute stillgelegte Industrieanlagen. Mittagspause wieder im Supermarkt – ich bin erschöpft und telefoniere mit zu Hause. Schließlich erreiche ich mittags um 14 Uhr die Stadt Falun. Die prächtige Stadtkirche ist ein würdiger Ort, um an unsere Hochzeit vor dreißig Jahren zu denken. Just dreißig Jahre, nachdem wir den Altenberger Dom betraten, schlägt hier die Glocke vom Turm.




Ich trinke einen Kaffee. Interessierte Schweden sprechen mich an – sie haben von den Nordkap-Fahrern gehört und wünschen mir Glück.




Zwei Skischanzen überragen die Stadt, und es geht in alpinem Charakter in hügeliges Gelände hinauf. Ich bleibe auf der Höhe und fahre wellig weiter Richtung Norden. Schließlich erreiche ich eine Überlandstraße. Die Anzeige auf dem Tacho verheißt wenig Gutes: Die nächste Abbiegung nach rechts in 67,5 Kilometern. Komme mir vor wie Lucky Luke der auf Jolly Jumper dem Polarlicht entgegenreitet.


„I’m a poor lonesome cowboy and a long way from home.“





Die Strecke ist gut ausgebaut, mit ausreichend Platz für Fahrräder. Aber der Topografie folgend – mehr oder minder geschlängelt geradeaus. Ein endloses Asphaltband. Ich erschrecke, als plötzlich die Sonne einen Schatten auf die Straße wirft – ich bin nicht mehr allein.




Dann endlich: die ersehnte Abbiegung. Bald geht es auf ruhigeren Pfaden dem Ziel entgegen. Ich fahre durch satte Getreidefelder. Die Sonne sinkt und beleuchtet die Landschaft noch einmal kräftig. Im Zickzack zwischen Sandgruben und Holzverarbeitung erreiche ich schließlich um Viertel vor neun meine Unterkunft in Bollnäs.


Auch hier erwartet mich ein fürsorglicher Wirt, voller Empathie und Bewunderung für das Unternehmen. Er verspricht mir eine ruhige Nacht und ein kräftiges Frühstück um 6.30 Uhr.


Auffällig: Auch große industrielle Standorte wie Falun, das viel Zellstoffproduktion beheimatet, wirken für den Außenstehenden lebenswert. Industrieanlagen dominieren nicht, alles scheint sich in die Landschaft einzufügen und eine natürliche Entwicklung genommen zu haben.


Selbst den Wintersportanlagen fehlt der Brutalismus der Alpen – vielleicht, weil hier keine Schneekanonen erforderlich sind. Es ist wie so oft: Man könnte hier problemlos einen Film drehen, der fünfzig Jahre zurückliegt. Die Abwesenheit greller Reklametafeln trägt das Ihre zur sanften Stimmung bei.


Erkenntnisgewinn des Tages: Schweden ist nicht nur Natur. Es ist natürlich.